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„Das Besondere“ – eine Antwort an Volker Strübing

27.10.2017

Wisst Ihr noch, wie ich immer sage, dass Kritik für Kreative so unfassbar das Wichtigste ist? Dass Lob zwar total schön ist, aber nur Kritik uns wirklich weiter bringt? Dennoch ist Lob natürlich eine tolle Erfindung. Vor allem wenn es von einem Kollegen wie Volker Strübing kommt, den man sehr verehrt.

(In diesem Beitrag geht es in erster Linie gar nicht um Volker. Also: Zuerst schon, weil das gut ist. Aber dann um die Beantwortung einer wichtigen Frage. Aber lest einfach mal.)

Volker Strübing ist einer dieser interdisziplinären Kreativen. Er ist mindestens Autor, Musiker und Poetry Slammer. Aber darüber hinaus ist und kann Volker noch so vieles mehr.

Volker ist zudem, in der Summe seiner kreativen Arbeit, einer der feingeistigsten Humoristen, die mir vor und hinter den Bühnen dieser Republik begegnet sind.

Nicht nur im Einzel, sondern vor allem im Team mit seinem Freund und Kollegen Micha Ebeling konnte Volker (links, mit dem Arm) schon ein paar mal erfolgreich an deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften teilnehmen. Foto: Marvin Ruppert

Ach, man kann seinem Schaffen in einem Absatz definitiv nicht gerecht werden. Einfach mal googlen oder youtuben (sagt man das so, „youtuben“?)

Und Volker hat das Blog „Schnipselfriedhof“.

In dem Kontext dieses Blogs wurde er von einem anderen Blogger kürzlich aufgefordert, Blogs zu erwähnen, die er mag. Dies hat er nicht nur genutzt, um in dem hervorragenden Beitrag „Die graue Maus im Bällebad“ über den eigentlichen Status Quo des Bloggens zu schreiben.

Er hat daneben nämlich, der Aufforderung von Dan folgend, mein Blog zu einem seiner drei favorisierten nominiert. Gefühlter Ritterschlag, ey. Ich bin völlig verzückt und sehr stolz, selbst einen so etablierten Künstler noch inspirieren zu dürfen:

In seinem [meinem ;-)] Blog gibt es immer wieder tolle Zeichnungen. Was mir vor allem gefällt, sehr oft aus der Seele spricht und ab und zu wertvolle Anregungen liefert, sind seine Gedanken zu Kreativität, Leben und Arbeit als Freibeufler, den stetigen Kampf um Aufmerksamkeit und den eigenen Umgang damit, das Schaffen von Freiräumen und -zeiten

Sehr gerne, Volker. Danke fürs Lesen und featuren. Hoffentlich auf bald mal in irgendeinem Backstage-Bereich mit den ganzen jungen Hüpfern und Hüpferinnen.

Die Antwort auf „Was ist das Besondere?“

Und dann möchte ich deine Frage beantworten, die Du uns Nominierten am Ende deines Posts stellst:

Was ist für euch besonders – von Freundschaft, Liebe und Familie abgesehen?

(Kurze Erläuterung: ich denke manchmal, dass das Besondere verschwindet, weil (in der ersten Welt) fast alles immer sofort verfügbar ist. Man kann nicht mehr von einer Reise erzählen, ohne dass die Hälfte der Freunde schon dort war. Man kann kein tolles Bier mehr in einer kleinen Brauerei irgendwo auf dem land entdecken und dann von der Erinnerung zehren, weil man es bald darauf auch im Späti um die Ecke findet. Man kann ein tolles Foto nicht mehr bewundern, weil man schnell weiterscrollen muss, weil es noch soviele tolle Fotos bei Instaram zu sehen gibt. Anders gesagt: Plötzlich ist alles Karamell-Meersalz. Oder etwa nicht?)

Danke Volker, dass Du Familie, Freundschaft und Liebe bereits ausschließt. Tatsächlich ist das für mich alles drei etwas sehr wertvolles und die treibende Kraft. Aber ich hatte immer eine Familie, zuerst die eine, dann die eigene. Auch Freunde. Und Liebe sowieso. In allen Ausprägungen Und, ach die Liebe, die ist ja sowieso das Thema um das sich nahezu mein gesamtes künstlerisches Leben dreht. Diese Trinität ist für mich mindestens überlebenswichtig, aber eben nicht „besonders“ im wörtlichen Sinne.

Was bleibt?

Die Langeweile!

In einer Welt, in der ständig alles verfügbar ist, jeder mit jedem über drei Klicks befreundet und das Rockkonzert in Kuala Lumpur morgens um 7 Uhr 30 vorm Superball (bei dem Bettina Bumms und Karl Arsch sich den Gewinn von 500 Euro teilen) im Frühstücksfernsehen live gestreamed wird. In einer Zeit, in der alle alle Orte gesehen und mit der besten Kamera (die, die man bei sich hat) im Hochformat abgeknipst haben, in der Menschen sich scheiden lassen bevor der Pfarrer überhaupt ein Kreuz machen konnte bei „Ja“, „Nein“ oder „Vielleicht“. In der Amazon dir Dinge innerhalb von einer Stunde bis zur Haustür bringt, die dein Nachbar dann annimmt, weil du in den Apalachen hiken bist und die du dann für die nächsten 37 Jahre ins Expedit-Regal stellst, dass aber jetzt Kalax heißt. In der wir immer länger atmen und herzschlagen, und irgendwie doch weniger leben und fühlen. In der das Publikum lacht, obwohl der Künstler noch gar nichts lustiges gesagt hat und doch nur ein Gedicht vortragen wollte für die eine da. Weil immer alles lustig sein soll, aber nicht zu sehr, weil eine/r ist hinterher bestimmt beleidigt und in der die Traurigen besser mal ein paar bittere Pillen schlucken sollten anstatt drüberzuleben. Weil das mehr heilen soll als jede kecke Kolumne. Die nicht ganz so traurigen dabei doch nur „Halt die Fresse!“ vor sich hinmurmeln und „Wir wollen in Ruhe schweitermunzeln. Bitte. Danke.“

In einem Leben, in das wir geworfen werden wie ein Sack Reis. Und wenn wir dann umfallen, ist es auch egal.

In diesem einen Leben, liebe ich die Momente der Langeweile, des Innehaltens, des Durchatmens, des Wartens auf die Gelegenheit, dass sich alle großartigen Dinge, Gespräche, Erlebnisse, Intrigen, Eindrücke, Küsse, Umarmungen, Verletzungen, Lacher, Tränen, Jubelarien, Hochzeiten, Beerdigungen … dieser ganze Mist und dieser ganze Glanz und die Glorie zu einem Punkt verdichten, aus dem etwas entsteht, das vorher noch nicht da war.

Und dass Menschen wie Dir, Volker und mir und den ganzen anderen Wahnsinnigen, die wir treffen durften, der Mut und vor allem die Ausdauer gegeben wurde, daraus dieses Neue zu machen, das anderen hoffentlich irgendwie hilft, damit zurecht zu kommen.

Das ist etwas, für das ich jeden Moment meines Lebens sehr, sehr dankbar bin.

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