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Unhappy Meals – Wenn im Kopf nur Cheeseburger sind

08.01.2023

Kürzlich spielte mir der Daily Review der Zitatsammlungs-App Readwise dieses Zitat von Dan Harris aus seinem Buch 10% Happier (Affiliate-Link) in das Frühstück:

Critics had a term for this phenomenon: “McMindfulness.” There was something important being overlooked, they argued, in the mainstreaming of meditation—a central plank in the Buddhist platform: compassion.

Es ist einige Jahre her, dass ich Harris Buch gelesen hatte. In diesem schreibt er über seine persönliche Reise in die Meditationspraxis. Von ihrem Auslöser, einer Panikattacke vor laufender Kamera als News-Anchor während die ganze USA ihm dabei zuschaute:

Bis ihren Fortgang über viele Stolpersteine und bis zu ihrem vorläufigen Abschluss in dem sich Harris als „nicht praktizierenden Buddhisten“ beschrieb. Ein sehr gutes Buch für jede:n, die/der wie Harris skeptisch bis ablehnend auf jeden Form von Spiritualität schaut und dennoch neugierig ist und offen für neue Erfahrungen.

Aber weil es eben so lange her war, dass ich das Buch gelesen hatte und das meiste mittlerweile vergessen, gab es zu dem oben genannten Zitat keinen Kontext als ich es erneut las. Nur die Worte an sich. Und so dachte ich für mich unbedarft darüber nach. Was drin stecken könnte.

Ich kam zu folgendem:

Im „Happy Meal“ des Lebens

In dieser völlig bekloppten Welt aus Über-Konnektivität, Klimakrisen, Fast-Weltkriegen und den Bürden des Alltags fällt es zunehmend schwerer nicht total auszuklinken. Wenn das nicht sogar unmöglich ist. Sofern man sich nicht durch den Alltag trottend in dessen Treibsand versenken will. Oder alles mit Substanzen von Alkohol bis zu bunten Pillen vom Neurologen um die Ecke wegsperren möchte.

Wer an seinem eigenen, ihm und ihr gegebenen Leben festhalten möchte, kommt nicht umhin, sich etwas zu suchen, dass sie oder ihn ausbalanciert. Praktiken und Wege gibt es mittlerweile so viele mehr als es Probleme gibt. Ich will gar nicht darüber lamentieren, dass eine ganze Industrie aus Heilsversprechen, Pulvern und Yabba-Dabba-Doo-Pflastern sich an diesem seelischen Schmerz unserer Zeit schamlos bis verbrecherisch bereichert.

Kein Voddo. Echte Lösungen für reale Herausforderungen

Mir geht es um echte Lösungen und – so wie Dan Harris sicherlich ebenfalls – das alltägliche. Wir können dieser Industrie aus Pseudoheilern entsagen (ich tue das) und trotzdem gibt es so vieles, das wir tun können, um der Schwere des Lebens Gegengewichte zu liefern.

Ich habe im Blog schon über einige geschrieben, die ich für mich einsetze: Meditation, Journaling (aka Tagebuch schreiben), Sport und den alles überspannenden Schirm Kreatives Leben. Und ich hoffe, dass ich Dich mit dem einen oder anderen Beitrag dazu inspirieren konnte, das Sofa zu verlassen und Deine Komfortzone zu betreten.

Die Gefahr, die aber selbst diese Dinge mit sich bringen: Schnell übertreibt man es und die Balance des Trottens verschiebt sich nur. Jede Entwicklung ist nur noch Selbstzweck. Alles wird hintereinander absolviert wie die anderen Aufgaben des Alltags:

Eben schnell noch meditieren, kurz eine Runde durch den Wald und eine dahin geschluderte Seite im Tagebuch muss genügen. Schließlich ist es ja auch schon 23 Uhr 11. Ach ja: Um fünf Uhr stehen wir wieder auf. Wir sind jetzt in diesem komischen „5 Uhr Klub“. Weil, nur wer um 5 Uhr aufsteht kann auch erfolgreich sein. Hustle, Baby. 24-7-365+1.

Die Entwicklung, die unsere Seele nähren soll, wird zur Entsprechung des Happy Meals bei McDonald's. „Happy“ steht zwar drauf. Aber ein wirkliches „Meal“ ist es nicht. Und der Hunger ist auch nur kurz weg. Weil wir nicht wirklich genährt sind. Sondern nur vollgepropft mit Füllmasse.

Was wir längst vergessen haben ist, worum es uns zu Anfang wirklich ging:

Selbstfürsorge!? Nop! „Dreimal alles bitte!“

Wir hatten eine Not, die uns den Alltag erschwerte. Und so begannen wir, uns um uns Selbst zu kümmern. Unser Selbst. Dem zu begegnen, was wir wirklich sind. Es ging darum, zu sich zu kommen. Sich zu fühlen. Durch den dicken Panzer des verkehrten Lebens.

Stattdessen haben wir uns an der Speisekarte der Möglichkeiten einmal mehr übersatt gefressen. Wir machen es wie die Figur Floyd in dem großartigen Film Absolute Giganten (gespielt von Frank Giering), als dieser mit seinen besten Freunden nach einer langen abenteurlichen letzten gemeinsamen Nacht ein Fast Food Restaurant-betritt. Er bestellt einfach „Dreimal alles bitte.“ Nicht aus wirklichem Hunger. Nur, weil es geht.

Und hier kommen wir zurück zu Harris Zitat:

Schnell haben wir den alten Trott aus Arbeit, Essen und Schlafen gegen einen neuen Trott aus Qui Gong, ersten Sonnenstrahlen und Tagebuch getauscht. Es ist exakt das selbe wie zuvor.

Genau so voll. Jedoch mit genau so wenig Zeit wie zuvor für das Wesentliche: Für Dich.

Stillness is the Schlüssel

Wie wir da wieder rauskommen?

Durch Stille.

Ich für meinen Teil habe das hinter mir gelassen, immer jeden Tag „alles dreimal“ zu bestellen. Es gibt Phasen, in denen ich viel laufen gehe, Zeiten da mein Tagebuch sich rasend schnell füllt oder Wochen, da wird nur gemalt. Irgendetwas davon ist immer Bestandteil meines Lebens. Das sind meine Konstanten: Kreativität, Malen, Deep Work, Laufen gehen, Meditation, Tagebuch. Nur eben nicht mehr alles auf einen Schlag. Kein Handwerker dieser Welt nutzt alle seine Werkzeuge immer alle auf einmal. Jedes hat eine Funktion. Je nach Schaden und Reparatur. Nach Verschönerung oder Neubau.

Was ich dazwischen tue? Alltagstrott. Weil dem können wir nicht entkommen. Es muss aufgeräumt, gekocht und gearbeitet werden. Anders fällt das Leben auseinander und die Basis zerbricht.

Der für mich entdeckte Schlüssel, hier meist eine gute Balance zu finden, sind Momente der Stille. Nicht eine auditive Stille. Sondern Augenblicke, in denen mal gar nichts ansteht. Ein Heilfasten der Reize und des Rummels. Bewusstes gar nichts tun. Dann sitze ich da, schaue vor mich hin. Einfach so in der Küche oder bei einem kleinen Spaziergang. Und gucke mal, wie sich das alles so anfühlt. Nicht lang. Oft genügen ein paar Minuten.

Und lasse mich überraschen, was mir der Chefkoch des Lebens (aka Intuition) als nächsten Gang vom Menü meiner Möglichkeiten serviert.

Wünsche dir ein Happy Meal des Lebens.

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