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In Schnittmengen leben. Vom kreativen Umgang mit dem Social-Media-Brainfuck

11.01.2024

Die Experten sind sich einig: Das ständige Beobachten der Leben anderer und das Vergleichen mit diesen durch ungehemmten Konsum von vor allem sozialen Medien, führt über kurz oder lang zu mindestens schlechter Laune. Vielleicht sogar in depressive Episoden bis hin zur ausgewachsenen Depression. Aus ganz einfachen Gründen.

Weil wir meist nur eben die Leben der Menschen in den Medien verfolgen, zu denen wir hinaufschauen. Die aus unserer Sicht höher, besser im Leben da stehen. Hieß das früher „Idole“ und waren das ausschließlich „Stars und Sternchen“, die sich in Sphären bewegten, die fernab unseres Alltags waren, war das ungefährlich. Sie konnten nie direkte Rückschlüsse auf das eigene, wie auch immer geartete Dasein triggern.

Happy Birthday, @taylorswift

Heute jedoch sind das „ganz normale Menschen“, die unmittelbar in unseren Alltag eindringen. Denn durch unseren ununterbrochenen Konsum ihrer Kanäle sind wir hautnah dran an ihren Leben. Und durch Messenger, Chats und Feedback-Mechanismen, leben wir zudem in der Illusion, direkt mit ihnen kommunizieren zu können. Als säßen sie an einem Samstagmorgen mit uns beim Kater-Frühstück des Lebens.

Ich meine, hast du hast doch auch schon Taylor Swift zum Geburtstag gratuliert, oder?

Dadurch werden aus den unnahbaren „Stars“ von früher, die „Normalos“ von heute. So People, wie du und ich das sind.

Du Klick-Vieh

Und dennoch ist da dieser eine Aspekt, der einen Unterschied macht: sie haben etwas erreicht, das wir auch insgeheim wollen-wollen-wollen:

Wohnen auf karibisichen Inseln, inmitten von Bananenstauden. Mit ewigem Sonnenschein. Lässig flanierend, statt im verregneten Borgholzhausen zu malochen. Wir wollen leben, wie die stets lächelnde Fashion-Influencerin, in allen großen Städten, diesseits und jenseits der Ozeane.

Bis hin zu diesem Typen, der aus einem Nichts, (das wir nur zu gut kennen, weil wir drin leben müssen) ein kleines Imperium aufgebaut hat.

Ein Imperium, in dem wir sein Klick-Vieh sind.

Karibische Inseln im Rückspiegel erscheinen eventuell näher, als sie es wirklich sind.

Doch durch den Umstand, dass sie uns in ihren Stories, Posts und Snaps buchstäblich bis auf die Toilette mitnehmen, sind sie nie so weit weg, als dass uns nicht irgendeinen Anteil unseres Wesens doch sagen würde: Siehste, du Pfeife, hättest du mal bei Herrn Mackel in Informatik besser aufgepasst. Dann könntest du da jetzt auch mitspielen.

Stattdessen: 9 to 5-Leben inmitten der eigenen Blase, mit dieser zähen Hülle, durch die man nicht hindurch kommt. Mal rauskommt aus dem Trott. Hinein in das Paradies, in dem die leben dürfen. Das ist dann noch kein Neid, den man offen zugibt. Aber mindestens eine unbewusste Verbitterung und ein nagendes Gefühl des Mangels.

Also lieber noch einmal Tacken gehen; die Instagrams dieser Welt öffnen und Herzchen an all die schönen Menschen verteilen, die es „geschafft haben“. Weil: Geteilte Freude ist doppelte Freude. Und noch ein Sternchen. Und noch ein Daumen hoch. Nur nichts davon für uns. Warum auch? Wofür auch? Und ganz langsam frisst uns dieser Seelen-Krebs die Freude auf. Weil, so funktioniert Sucht. Auch die Sucht danach, Anerkennung zu geben, wo sie uns verwehrt bleibt.

Raus aus dem Mangel, rein in die Schnittmengen

Das muss nicht sein. Man kann das für sich nutzen. Nicht, indem man den Stecker aus seinem Smartphone zieht und einen permanenten „Digitalen Detox“ ausruft. Zum hundertsten Male den Wortwitz mit „Influenza“ macht. Social Media verteufelt, seine 666 Thesen an digitale Türen hämmert und nur noch Schwarzweiß-Fernsehen schaut.

Wenn es stattdessen gelingt, diese Diskrepanz die zwischen deren und unseren Leben liegt, eben nicht als Mangel zu verstehen, sondern als Inspiration – da findet dann „Werden“ statt, statt „Verkümmern“.

Lass dich influencen – auf die gute Art.

Es klingt absurd, aber genau hier liegt die Chance zur Veränderung; in dem Umstand, dass die Influencer, Blogger und YouTuber eben keine Halbgötter mit Moonwalk und Villa in Bel Air sind.

Wenn sie so nahbar sind, ist es also nicht unbedingt der Starschnitt der BRAVO (geiles Archiv) dieser Stars und Superhelden der ausschlaggebende Grund, aus dem heraus wir ihnen folgen. Vielmehr tun wir das, weil sie eine Sehnsucht unserer Seele ansprechen, die nicht befriedigt ist.

Einen Anteil ansprechen, der gesehen werden will. Von dir. Weil „die da“ in ihren Bildern und Videos und Blogs von Dingen erzählen, die unser höheres Selbst auch tun will. Nur bislang nicht durfte. Aber das kann sich ändern. Denn wenn man genau hinschaut, welcher Teil das ist und ihn endlich bedient, passieren zuerst kleine Wunder. Inspiriert durch das Handeln der Anderen da draußen. Und wenn wir es laut und deutlich resonieren lassen, kann eine echte Transformation stattfinden.

Dein mentaler Ground Zero

Es geht dabei genau gar nicht darum, diese fernen Leben zu kopieren. Das wird nicht funktionieren. Denn du hast ein ganz anderes „Framework“, um das herum dein Leben aufgebaut ist. Eines, das im Kern schon zu dir passt. Niemand lebt ausschließlich an seinen Werten vorbei. Dein Leben hat dir bislang Stabilität verliehen. Das solltest du nicht einfach komplett einreißen. Weil, du lebst nicht auf Aruba, du bist (vielleicht) nicht mehr 25, du hast Frau, Kinder. Auch einen Job, der erst einmal die Miete bezahlt. Das ist alles wichtig und gut. Lass das bloß so. Ja, auch die Nachbarn. Betrachte es viel eher als deinen mentalen Ground Zero, von dem aus du neu startest.

Denn neben all dem geht mehr.

Mehr „Du“.

Mehr „Jetzt ich“.

Ein Stück vom Kuchen ist auch für dich reserviert. Mit Sahne und Kirsche. Ach, was sage ich: Mit knallroten KirscheN.

Ich nenne das: „In Schnittmengen leben.“

Diese Aspekte ihn den Leben der Menschen, die wir bewundern und die uns inspirieren und dazu die Bereichen in unserem Leben, Denken und Fühlen zu finden, die sich decken lassen – darum geht. Schnittmengen, die wir ohne Weiteres, nur mit ein bisschen Spucke und Mut zu unserem eigenen Starschnitt zusammenklabaustern können. Und nach und nach immer weiter integrieren können.

Niemand wird über Nacht zu einem Casey Neistat, einer Taylor Swift oder einem John Greene. Keiner ist so mir-nichts-dir-nichts die nächste große Nummer in irgendeinem Zirkus. Die Nummer 1 der Podcaster. Ein mehrfacher New York Times-Bestseller-Autor. Nicht einmal die sind das über Nacht geworden. Selbst Zauberjungen-Geschichten wurden in einem Café geschrieben, weil zu Hause die Heizung nicht mehr lief. Alle standen mal da, wo du heute stehst. Aber sie haben nicht aufgehört, dem Leben, ach: sich selbst zuzuhören. Auch in den dunklen Nächten. An die Decken starrend. Und dadurch eines Tages eine Sehnsucht in sich entdeckt, die sie nicht länger ausgehalten haben. Die sie befriedigen musste.

Es geht nicht darum, jemand anders zu sein. Sondern genau Du selbst.

Ich bin sicher, irgendetwas oder irgendjemand hat sie dazu inspiriert. Und dann haben sie Stück für Stück ihre und deren Leben in Deckung gebracht, diese Schnittmengen genommen und konsequent in sie hinein gelebt. Bis sie zu dem geworden sind, was sie eigentlich schon immer waren. Sie selbst.

Und nun hat diese Stimme dich gefunden. In fast jedem einzelnen Post, den du dir heute ansiehst. Und sie will mit dir reden. Sie schreit dich förmlich an.

Was wirst du antworten?

Schreibe mir gerne an markus@freise.de.

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