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Was ONE. mich gelehrt und der nächste Akt.

15.12.2017

Jetzt, da ONE. fertig ist und die Bücher kurz vor Auslieferung stehen, traue ich mich einen Blick zurück zu wagen auf dieses in vielerlei Hinsicht spannende und lehrreiche Comic-Projekt.

ONE. Das Buch.

ONE. – das sind Geschichten von Lieblings-Songzeilen. Gedichten für die eine da. Gedankenblitzen und Lebensbejahungen. Festgehalten in Comics. Auf einer Seite. In einem Bild. Bestelle jetzt deine Ausgabe der ersten, streng limitierten Auflage.

Hier findest du weitere Infos zum Buch ONE. Graphic Lyrics by Markus Freise und wie du deine Ausgabe erhalten kannst.

Infos und Bestellformular


Die so simple Idee dahinter

Die Idee war so simpel: Ihr gebt mir ein wenig Geld und ich zeichne euch dafür auf Basis eines von euch gegebenen Stichworts ein Bild. Einen einseitigen Comic, bestehend aus einem einzigen Panel. Eine Story. Herunter destilliert auf „diesen einen Augenblick“.

Die Idee von ONE. war so simpel, dass genug Menschen sie verstanden und mit ihrem Geld als Crowdfunding-Projekt über die Finanzierungsgrenze gehoben haben. Was ich nicht wusste: Hinter all dem versteckte sich für mich eine der spannendsten Reisen meines kreativen Lebens.

Zuerst ein Fazit

ONE. ist letztendlich genau so geworden, wie ich es mir gewünscht habe und mein kreatives Lieblingskind. Es war und ist wundervoll. Punkt.

Danke! Aber bitte nicht noch einmal.

Räumen wir aber zuerst mal den „Müll“ beiseite:

In dieser Wucht, in der ONE. mich vor fast vier Jahren traf, brauche ich das nämlich nicht noch einmal. Ganz klar war das alles selbst entschieden. Die Idee, das Crowdfunding, alles. Aber was das Universum danach zusätzlich an Arbeit, Verantwortung und Aufgaben auf mich geschmissen hat, war nicht abzusehen. Das war sehr anstrengend. Machmal zu anstrengend.

Nicht falsch verstehen: ONE. war, ist und wird vermutlich immer mein liebstes Illustrations-Projekt bleiben und weiter evolvieren. Einfach des Storytellings wegen. Gerne nehme ich auch ab sofort neue Aufträge für Poster an. Aber nur nach und nach und nie wieder alles auf einmal. Denn:

Kunst braucht vor allem: Zeit

Mitten im Projekt gab es eine Phase, in der wollte ich unbedingt voran kommen und fertig werden. Also begann ich herunter zu arbeiten. Trotz eines ansonsten sehr engen Lebens. Die ersten Ergebnisse waren noch okay. Aber bald wurden die Zeichnungen lieblos. Inhaltlich und technisch.

Gottseidank spürte ich das schnell und zog die Reißleine. Den noch nicht belieferten und gelegentlich drängelnden Menschen teilte ich mit: „Stop! Von nun an in meinem Tempo. ONE. wird fertig wenn es fertig ist.“

Keine Sorge: Von den wirklich schlimmen Zeichnungen hat es keine in das Buch geschafft. Es waren genau vier Stück. Sie liegen in meinem kreativen Giftschrank. Ich habe sie alle später neu gezeichnet. „Fugazi“ ist eines davon. Hier im Vergleich die erste und die finale Fassung:

Das fertig Bild findest Du in diesem Blog-Post.

Niemals wieder werde ich mich im künstlerischen Bereich meines Kreativunternehmertums wieder so sehr unter Druck setzen wie in den vergangenen 47 Monaten.

Aber nun zu den kreativen bzw. illustrativen Aspekten meiner Learnings:

Analog beats Digital

Wenn man über 60 Bilder in 47 Monaten zeichnet – plus die Arbeiten an Großväterland mit auch insgesamt mehr als 50 Comic-Seiten – hat man die Gelegenheit einiges an Zeichenmitteln und Technologien auszuprobieren.

Als ich ONE. begann, zeichnete ich fast ausschließlich mit Colerase-Blaustiften, Bleistift und Fineliner. Mitten im Projekt kaufte ich mir ein Wacom Cintiq-Zeichentablett und beabsichtigte, voll auf Digital umzuschalten. Weil ich vermutete, dass ich so meine Prozesse beschleunigen könnte.

Das digitale Zeichnen machte mir jedoch so wenig Freude, dass nicht nur die Qualität nachließ, sondern die Frequenz der Arbeiten nahezu auf Null fiel. (Ein Aspekt, der übrigens auch Großväterland betraf. Dazu aber irgendwann mal ein eigener Blogbeitrag.)

Im Nachhinein bin ich sicher, dass mir das alles zu glatt wurde. Mir fehlte der unpräzise Charme des Bleistiftstrichs.

Also verstaubte das Cintiq – bis ich es wieder verkaufte. Mittlerweile mache ich ausschließlich die Kolorierung digital. Mit einem iPad Pro mit Apple Pencil. Alles andere analog.

Die Freude am Prozess ist zurück. Volle Pulle. Weil:

Ich bin ein Bleistift-Mensch

Das erste Bild, das so entstand, wie ich heute nahezu alles zeichne, war ziemlich früh im Projekt „Home is where your heart is.“ Es war Zufall, dass mir die Bleistift-Zeichnung davon so gut gefiel, dass ich das „Inken“, also das Nachziehen des „Pencils“ – damals noch mit Finelinern – einfach ausließ.

Ich dachte aber auch nicht weiter darüber nach. Auch, weil kurz darauf oben besagte digitale Phase kam und alles kaputt haute.

Irgendwann kaufte ich mir dann bei Brevi Manu in Bielefeld aus einer Laune heraus einen Tombow Mono 100-Bleistift* in HB und war sofort verknallt. Das war für mich das perfekte Zeichengerät. Der Abrieb. Das Gewicht. Das Holz. Toll. (Sorry, alter Freund Faber Castel 1112*. Dann und wann tanzen wir ja noch gemeinsam übers Papier.)

Im Prinzip alles was ich benötige um ein ONE.-Bild zu zeichnen.

Hab was erfunden: Pinken

Also erfand ich einfach das „Pinken“: Ich zeichnete weiterhin klassisch die zarte Comic-Vorzeichnung mit Bleistift – meist einem Faber Castell 9000 F*. Das dann folgende Inken (Tuschen) mit Fineliner ersetze ich jedoch durch das direkte Nachziehen der Bleistiftzeichnung mit besagtem Tombow Mono 100 auf der Originalzeichnung. Meist in HB und gelegentlich mit 6B. Fertig … „Pencil“. und „Inken“ … „PInken“. Ihr versteht schon.

Detail aus „How I don’t know …“

Die unterliegende Zeichnung bleibt dabei, wie gesagt, oft stehen. Im Ergebnis ergibt sich ein raues Ergebnis mit schönem Charakter. Das kann man digital sicherlich auch erreichen. Aber vegane Fleischwurst ist keine Fleischwurst.

Menschen. Es müssen Menschen sein.

Sag mir, ich soll ein Auto zeichnen. Oder eine Landschaft. Vermutlich laufe ich weg. Seit jeher zeichne ich am liebsten Menschen, Figuren. Kein Buch habe ich intensiver gelesen und studiert als Die Gestalt des Menschen* von Gottfried Bammes. Ich bin ganz vernarrt in meine beiden 3D gedruckten Anatomie-Figuren. Es sind vor allem die ONE.-Bilder auf denen Menschen die Geschichte erzählen, die mir ans Herz gewachsen sind: „Different Trains“, „Fugazi“ … solche.

Was ich nicht kann: Menschen zeichnen

Schlimm wird es, wenn jemand sagt: „Und dann will ich, dass mein Mann in dem Bild …“ So sehr, wie ich die menschliche Figur und Anatomie studiert habe und so sehr ich es liebe, diese zu zeichnen, so schlecht bin ich darin, Portraits und – Gott hilf – Karikaturen zu zeichnen. Das habe ich im Laufe von ONE. immer wieder festgestellt und in den späten Arbeiten oft abmoderiert. Mittlerweile weise ich bei neuen ONE.-Bestellungen konkret darauf hin, dass ich das nicht will. Tatsache bleibt: Dies ist eine Disziplin, die ich noch bearbeiten möchte.

Der nächste Akt: Akt

ONE. zu beenden war auf vielen Ebenen eine Erleichterung. Als ich die Ziellinie irgendwann im Herbst 2017 endlich klar sehen konnte, wurde ich ganz fickerig. Auch, weil damit etwas an mich heranrückte, das ich kurz vor dem Start von ONE. bereits hier angeteasert habe und was im direkten Zusammenhang mit „Ich zeichne am liebsten Menschen.“ steht. In der kommenden Zeit möchte ich mich intensiver mit dem Aspekt Aktzeichnen und Aktmalerei befassen. Ich habe dazu ein paar spannende Ideen im Kopf. Wie du mir dabei helfen kannst, liest du im Beitrag:

Akt zeichnen in Bielefeld – Nachfrage und Angebot … Hier klicken.

Abschließend bleibt mir nichts anderes, als noch einmal Danke! zu sagen. Den Menschen, die ONE. im späten Winter 2014 ermöglicht haben. All denen, die geduldig gewartet haben. Und jenen, die mir die ganze Zeit dabei zur Seite standen.

Wir haben gemeinsam 65 Bilder gezeichnet, die jetzt als Buch vorliegen. Mit 65 von euren Geschichten. Ich bin unendlich stolz und glücklich. Danke!

Das war’s. Weiter geht’s.

 

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