Humans of New York
03.07.2014
In letzter Zeit habe ich sehr oft gezweifelt, ob dieses Facebook noch Sinn macht. Wirklich. Der hundertste Meme über irgendeine Belanglosigkeit, dutzende von Ismatikern, die einem die Welt erklären und weshalb man es eigentlich nicht Wert ist auf ihr zu wandeln, schlechte Nachrichten, noch schlechtere Sinnsprüche und so weiter bis ans Ende deiner Chronik.
Ich hab’ dann erstmal ausgemistet und eine Menge Seiten-Abos gelöscht, ein paar sehr wenige Menschen gekickt und mal geguckt, was passiert. Was schönes nämlich.
Heute entdeckte ich den wunderbaren Feed “Humans of New York”, in dem eben Menschen aus der großen Stadt am Hudson River sich selbst vorstellen, kurz und knapp. Durch einen Gedanken, einen Wesenszug, etwas das nachdenklich stimmt. Sie posten viel, dieses New Yorker, aber es sind ja auch eine Menge Menschen dort.
Ich mag vor allem die Kurzweil die da drin steckt, geparrt mit der Wucht, die oft durch wenige Zeilen entsteht. Und die Fotos sind auch sehr toll unprätentiös. Ein wenig bin ich verliebt in diesen Facebook-Feed.
Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Hier meine bisherigen Favoriten. Und aus Gründen habe ich die beiden übersetzt:
“I’m always sad.”
“Are there certain thoughts associated with the sadness?”
“No, the sadness is under the thoughts. It’s like when you’re on a camping trip, and it’s really cold, and you put on extra socks, and an extra sweater, but you still can’t get warm, because the coldness is in your bones.”
“Do you hope to get away from it?”
“Not anymore. I just hope to come to peace with it.”
“Ich bin immer traurig.”
“Gibt es bestimmte Gedanken, die mit der Traurigkeit zusammenhängen?”
“Nein, die Traurigkeit liegt unterhalb der Gedanken. So, wie wenn du campen gehst und es ist wirklich kalt und du ziehst ein paar zusätzliche Socken, einen zweiten Pulli an, aber dir wird trotzdem nicht warm, weil die Kälte in deinen Knochen sitzt.”
“Hoffst du, dem zu entkommen?”
“Nicht mehr. Ich hoffe nur noch, Frieden damit zu machen.”
“I try to stay away from other people. I don’t like to have to be keeping up pretenses all the time– it’s exhausting. Being a loner forces me to be two-faced sometimes, though. I’m always having to make up little stories to get out of social situations. But I’d much rather be alone, watching films. I enjoy watching actors. They’re always pretending, just like me.”
“Ich versuche mich von anderen Menschen fernzuhalten. Ich möchte nicht ständig etwas vormachen müssen – das ist ermüdend. Ein Einzelgänger zu sein zwingt mich jedoch manchmal dazu, zwei Gesichter zu zeigen. Ich muss mir immer Geschichten ausdenken um aus gesellschaftlichen Geschichten rauszukommen. Aber ich wäre viel lieber alleine, Filme schauend. Ich mag es, Schauspielern zuzusehen. Sie geben ständig vor, etwas zu sein, genau wie ich.”