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Die ulkige Kopfschere in der erwachsenen deutschen Comic-Kultur

20.01.2015

FadeOut_tp_01 Per E-Mail wurde ich auf den folgenden Beitrag hingewiesen, mit der Vermutung, das wäre doch was für mich:

Dust Novels in der Edition Faust – Böse-Nacht Geschichten

Ich antwortete:

Ach. Das klingt schon wieder so deutsch verkopft. Die meisten deutschen Graphic Novels sind so sehr bemüht Nicht-Comic, dass sie zu einem unverständlichen, oft an jedem klassischen Comic-Stil vorbei gezeichneten Kunstkram verkommen, den zu konsumieren so anstrengend ist, dass er dem Medium Comic mehr schadet als nutzt. Warum haben die Deutschen ständig diese Kulturschere im Kopf, die so weit auseinandergerissen ist, dass es nur die Pole „Ulkig“ wie Ruthe, Sauer und Co. und auf der anderen Seite sowas wie das hier beschriebene gibt? (Unaufgeforderte Gegendarstellung: Ich liebe den Humor von Ruthe und Sauer.)

Dazwischen gibt es nur sehr weniges, was erwähnenswert ist. Vielleicht noch Reinhard Kleist, in jedem Fall Matthias Schultheiss. Ganz aktuell noch Gung Ho. Doch der Rest tendiert auch mindestens illustrativ meist eher in Richtung “Funny” und versteckt darin oft reife Erzählungen. Vielleicht in der Hoffnung, dass das nicht “auffliegt” und die Leute es kaufen. Sozusagen Storytelling-Trojaner. An eine wirklich erwachsene Erzählweise traut sich fast niemand heran.

Und wenn, werden Sie zwischen deutschen Funnies, frankobelgischen Klassikern und amerikanischen Lizenz-Superhelden-Epen zerdrückt. Fantasy spielt dabei übrigens für mich keine Rolle. Das ist eine Klasse für sich.

(Einschub: Als Flix-Ultra nehme ich ihn explizit aus der Gleichung. Flix ist sein eigenes Genre. Sein Zeichenstil hat sich längst vom Funny emanzipiert und seine Erzählweise hat eine ernsthafte Leichtigkeit, die ich sonst nirgends gefunden habe.)

Das man den klassischen Comic sehr gut mit Themen für eine ältere Leserschaft kombinieren kann zeigen Beispiele wie die Serie 100 Bullets von Azarello und Risso oder das gerade von mir (Danke an Alexander Bach) entdeckte The Fade Out von Ed Brubaker und Sean Phillips.

Wieso tun sich die Deutschen so schwer mit guter, aber reifer Unterhaltung? Und welche deutschen Graphic Novels, die sich zurecht Comic nennen dürfen, habe ich übersehen? Wenn Ihr darauf antworten mögt, dann bitte hier, da ich mich aktuell im Facebook-Sabbatical befinde und Kommentare dort nicht lese.

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