Vom „Hinterm Berg halten“
18.01.2012
In den vergangenen Tagen habe ich viel Zeit in eine Illustration investiert. Sehr viel Zeit. Im Abschluss wage ich zu behaupten, dass im Resultat die beste Arbeit seit langem, wenn nicht eh und je entstanden ist (zum Thema „Selbstlobhudelei“ ist ein weiterer Blog-Beitrag in Vorbereitung). Ein mir innenwohnender Reflex drängelt nun die ganze Zeit, ich solle das „Ding“ doch nun endlich mal raushauen. Nur: Ich darf nicht.
Da es sich um eine Auftragsarbeit handelt, die Teil eines größeren Projektes ist, bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet und muss mich dem Publikations-Zeitplan des Auftraggebers hingeben. Das ist hinsichtlich Illustration für mich eine völlig neue Erfahrung, erzeugt sie doch eine gewisse kindlich-weihnachtliche Vorfreude. Was umso absurder ist, da ich das „Ding“ ja schon kenne. Die Frage ist also: Worauf genau freue ich mich?
Mit dem Motorroller durchs Museum
Die Antwort ist eine Umformulierung der Frage: Worüber freue ich mich? Darüber: In Zeiten von Facebook und Co. ist jedes Publizieren nur noch ein rausrotzen, was ich schon hier und hier erwähnte. Jedes fertige Werk, sei es ein schlichter Gedanke, eine aufwändigere Skizze oder gar ein Tagewerk, ist so mir nichts, dir nichts raus in der Welt, wird dort kurz vom Netzvolk verwurstet, gefallen und geteilt und weg ist es wieder. Das ist kein „Publizieren“ mehr, wie es ehrfürchtig in der Berufsbezeichnung „Publizist“ mitschwingt. Das ist Fast-Food-Publikation. Schlimmer, wenn nicht am Schlimmsten: Es nimmt dem Prozess der Kreation, dem Werken, die Würde, wenn Stunden an Arbeit, dutzende von Skizzen und tausende von Gedanken so wenig nachhaltig mal eben abgehandelt werden. Wiewenige Sekunden echte Aufmerksamkeit stehen der harten Arbeit des Schaffens gegenüber? Es ist als würde man mit einem Motorroller durch ein Kunstmuseum rasen.
Beileibe: Mir geht es hier nicht um eine Generalkritik am bösen Netz oder dem Teufelswerk Social Networking. Ich liebe diesen Mist, ich verdiene mein Geld damit. Es gibt genug Inhalte, genug Ideen und eine ganze Kultur hat sich über die letzten zehn Jahre entwickelt, die sich ausschließlich darum dreht. Das ist wunderbar und einzigartig und epochal zugleich. Doch sollte dieser Wahnsinn, dieser ADHS-Herd nicht die klassische Kunst, ja das Handwerk und die Liebhaberei verdrängen. Das ist mehr Appell an mich und die meinigen als an Dich. Denn auch wir Künstler tragen Verantwortung, weiter Dinge zu schaffen, denen man ansieht, dass wir sie geschaffen haben, damit sie sich in Teilen selbst genügen. Das wir sie nicht geschaffen haben, um mal eben im Vorbeilaufen ein paar kecke Kommentare und freundschaftliche Likes einzusammeln.
Deshalb: Ich freue mich, seit langem mal wieder etwas geschaffen zu haben, dem bald ein gebührender Rahmen gegeben wird. Auch darüber, welcher das ist und wie der aussieht darf ich noch nicht reden. Was ich aber sagen kann ist, dass es hinsichtlich des Gesamtprojektes eine Pressekonferenz in Berlin geben wird und dass das was ich geschaffen habe zwar nur ein kleiner Teil ist, aber dass es dort erstmals öffentlich zu sehen sein wird.
Alles was es nun noch braucht ist ein bisschen Geduld.
Und keine Sorge: Dann haue ich es auch auf Facebook und so raus. Denn ich bleibe ich ja immer noch Internet-Native.
Also durchatmen und immer schön F5 drücken!