Countdown to Buch #6: Es geht voran
24.10.2009
Vielleicht noch auf dem Mond.
Das dachte er. Vielleicht war es auf dem Mond in diesem Augenblick noch einsamer als auf diesem verlassenen Bahnsteig im Stuttgarter Hauptbahnhof. „Das ist hier ein Kopfbahnhof“, kam ihm in den Sinn. So nennt man das, wenn die Züge nicht hindurch fahren, sondern herein und wieder heraus. Seinen hatte er verpasst. Und das ausgerechnet heute.
Ermattet ließ er seinen Koffer los und zog sich den Schal noch etwas höher ins Gesicht. Eine gemeine Brise aus Eiseskälte und verirrten Schneeflocken, die durch eine Öffnung im Dach hereingerieselt waren, fuhren ihm über die Haut. Seine Finger begannen zu brennen. Die Handschuhe hatte er in der Eile im Taxi liegen gelassen. Er hatte sie ausgezogen, um sein Bahn-Ticket herauszuholen. „Warten Sie. Ich mache sie Licht an.“, hatte ihm der Fahrer noch geholfen. Er sprach mit einem osteuropäischen Akzent. „Oh. Estland. Stadt Paldiski!“, war seine Antwort auf die Frage, woher er käme. Wegen des Akzents. „Mein Wetter!“, frotzelte der Este und deutete hinaus auf die dicken Schneeflocken. Dann schaltete er das Licht wieder aus. „Sie fahren nach Hause, hä? »Zu Hause ist, wo Herz ist.«. Ist von Elvis. Wussten Sie?“
aus „Die Offenbarung des Johannes“